09.05.2020 / Kategorie: Pressemitteilung

Endlich wieder Bildende Kunst – Zukunft gesichert?


Endlich wird Kunst wieder analog erfahrbar – wir freuen uns über die sukzessive Wiedereröffnung von Museen und Galerien und wünschen ihnen viele Kunst-interessierte. Aber viele derjenigen, die zeitgenössische Kunst schaffen, sorgen sich weiterhin zurecht um ihre Existenz. Die weitgehende Übertragung der Verantwortung für die Konditionen der Soforthilfen und das Wann und Wie der Lockerungen vom Bund auf die Länder macht es dabei nicht einfacher. Freiberufliche Künstler*innen und Solo-Selbstständige müssen endlich bundesweit Lebenshaltungskosten im Rahmen der Soforthilfe geltend machen können! Und dafür trägt der Bund die Verantwortung! Er hatte festgelegt, dass die Bundes-Soforthilfe für Soloselbständige, Freiberufler*innen und kleine Unternehmen nur für gewerbliche Betriebskosten, nicht aber für Lebenshaltungskosten eingesetzt werden dürfen. Dafür werden Künstler*innen auf die Grundsicherung verwiesen, die auch in erleichterter Form ein ungeeignetes Instrument zur Sicherung des freiberuflichen „Betriebs“ ist. Wir stellen fest: Freiberufliche Bildende Künstler*innen sind Einzel-unternehmer*innen, sie sind der „Betrieb“ selbst. Sie sind auch nicht arbeitslos. Ohne ihr freies künstlerisches Schaffen gibt es keine Kunst, keinen Kunstbetrieb. Deshalb ist die Sicherung ihrer Existenz zugleich die Sicherung des soloselbstständigen Betriebs. Der Bund verschließt sich bisher hartnäckig dieser Tatsache. Baden-Württemberg und Berlin erkennen sie an. Dort können Künstler*innen für Lebenshaltungskosten monatlich bis zu 1.180 € für drei Monate beantragen. Wir fordern daher,dass der Bund umgehend die Vorgaben zur Bundes-Soforthilfe so korrigiert, dass Solo-Selbstständige und Freiberufler*innen diese Mittel auch für Lebenshaltungskosten einsetzen und alle Bundes-länder ihre Vergabepraxis entsprechend anpassen können.Mit allergrößter Sorge blicken wir auf die Zukunft der kulturellen Infrastruktur. Sie ist Nährboden für ein freies und vielfältiges künstlerisches Schaffen. Kunst ist Lebensmittel! Noch nie wurden Kunst und Kultur im ganzen Land so schmerzlich vermisst wie während der Kontaktbeschränkungen. Elementarteilchen einer vitalen Kultur sind Künstler*innen und Kultur-einrichtungen. Sie bedürfen adäquater Ressourcen, wenn sie – wie allseits gewünscht – in ihrer Vielfalt die Gesellschaft bereichern, befruchten, zusammenhalten sollen. Wir befürchten, dass nicht nur vieles auf den Prüfstand gestellt wird, sondern durch drastische Sparmaßnahmen die wunderbare Diversität der Kunst Schaden nimmt, viele künstlerische Stimmen für einen längeren Zeitraum verstummen, sich die Polyphonie künstlerischer Positionen reduziert. Wir befürchten, dass die massiven steuerlichen Einbußen insbesondere der Kommunen, die den Löwenanteil kultureller Förderung leisten, zur Gefährdung ihrer kulturellen Infrastruktur, Einrichtungen und Projekte führen. Wir befürchten, dass vor allem bei der Kultur der Sparstift angesetzt wird, wenn es darum geht, zumindest partiell die enormen finanziellen Belastungen aufzufangen. Noch nie war die Bedeutung kultureller Vielfalt so spürbar ins öffentliche Bewusstsein gerückt wie in Zeiten der Corona-Pandemie. Dies bietet nicht nur die Chance, sondern verlangt angesichts der Dramatik der Lage, sich über den Wert von Kunst und Kultur für die Gesellschaft Klarheit zu verschaffen. In ergebnisoffenem Austausch ist zu beraten, welche sozialen Sicherungs-instrumente, Förderstrukturen und spartenspezifische Rahmenbedingungen Kunstschaffende und Kultureinrichtungen adäquat sichern und für die Zukunft krisenfester machen können. Dies ist eine der dringlichsten Aufgaben für die Zivilgesellschaft. Deshalb fordern wir – gemeinsam mit dem Deutschen Kulturrat, vielen anderen Verbänden und freischaffenden Künstler*innen – einen Kulturinfrastrukturfonds, der Kunst und Kultur einen wiederbelebenden Anschub ermöglicht, sie krisenfester macht und kulturelle Vielfalt sichert. Für die Bildende Kunst heißt das:
  • Existenzsicherung der Künstler*innen durch Ausstellungsvergütungen, Honorare, Stipendien, Ankäufe und weitere Einnahmequellen aus künstlerischer Tätigkeit
  • Subvention derjenigen Einrichtungen, die Kunst präsentieren und vermitteln, wie z. B. Museen, Galerien, Kunstmessen, Offspaces und Kunstvereine
  • Förderung künstlerischer Projekte und neuer digitaler Formen der Kunstpräsentation und -vermittlung