Kategorie: Berichte des Bundesverbandes

19.09.2018

Halle, 19. bis 21. September 2018: Ideenkongress zu Kultur, Alltag und Politik auf dem Land

In Halle an der Saale fand der dreitägige TRAFO-Ideenkongress zu „Kultur, Alltag und Politik auf dem Land“ statt. Das Programm „TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel“, eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes, unterstützt von 2016 bis 2020 sechs modellhafte Transformationsvorhaben in Regionen, die exemplarisch für die Herausforderungen in ländlichen Räumen stehen.


Etwa 57 Prozent der Bevölkerung Deutschlands leben in ländlichen Räumen, zu denen sowohl Dörfer als auch kleine Städte gezählt werden. Um die Bevölkerung in diesen Räumen zu stärken, gilt es, unterschiedliche Probleme der Gegenwart und des aktuellen Wandels zu erörtern, Ideen zu sammeln und Lösungen für die Zukunft zu erarbeiten. Dazu diskutierten an drei Tagen etwa 400 Kulturakteure, Soziolog*innen, Politiker*innen, Vertreter*innen von Verbänden und Ministerien, Architekt*innen, Kunstwissenschaftler*innen, Raumplaner*innen, Bürgermeister*innen, Journalist*innen und Künstler*innen. Die Vielfalt der Vorträge, Gesprächsangebote und Diskussionen lässt sich im Rahmen eines kurzen Newsletter-Berichts kaum wiedergeben. Grundsätzlich kann die Erkenntnis weitergetragen werden, dass es außerordentlich wichtig ist, für den Erhalt existierender kultureller Angebote in ländlichen Räumen zu kämpfen, denn diese nachträglich wiederzubeleben ist schwierig. Die häufig dominierenden Bestrebungen zu ökonomischen Einsparungen, zum Beispiel in Form von Gemeindegebietsreformen, müssen viel stärker auf ihre tiefgreifenden Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt, das kulturelle Leben und die Lebensqualität der Bevölkerung insgesamt befragt werden. Ländliche Räume sind besondere Bewahrer kultureller Eigenheiten. Im sorbischen Sprachraum wurde zum Beispiel beobachtet, dass die sorbische Sprache und Kultur in den Dörfern lebendiger bleibt als in den Städten. Leider wurden in der Vergangenheit sorbische Dörfer durch den Braunkohleabbau in der Lausitz zerstört. Häufig erfolgte ein Umzug der betroffenen Bevölkerung in städtische Siedlungen statt in adäquat wiederaufgebaute Dörfer. Dem Verlust kultureller Eigenheiten wurde damit Vorschub geleistet. Marc Grandmontagne, der Geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, wurde mit den Worten zitiert: „Die kommunale Ebene ist die Schicksalsebene der Demokratie“. Auch zu diesem Thema gab es Gespräche und Diskussionen. Wie offen sind wir? Wie weit soll Diskussionsbereitschaft gehen? Auch Kultureinrichtungen sind aufgefordert, darüber nachzudenken. Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung, möchte durch Initiativen zur Förderung der Zivilgesellschaft, der demokratischen Kultur und der Rechtsextremismus-Prävention die Demokratie auf dem Land unterstützen, da er von einer Demokratieferne im ländlichen Raum ausgeht. Neutralität sei ein Luxus, den wir uns nicht leisten können. Der Chefredakteur des Mindener Tageblatts, Benjamin Piel, favorisiert einen Journalismus-vor-Ort, um mit dem Publikum verstärkt in Kontakt zu treten. Demokratie vor Ort zu fördern, heißt, die Meinungsvielfalt zu stärken. Interessierte Leser seien auf die TRAFO-Webseite und auf die Berichtserstattung des Mitteldeutschen Rundfunks hingewiesen. Auf der TRAFO-Webseite werden Vorträge des Kongresses in etwa vier bis sechs Wochen zu sehen sein. Doris Granz