Kategorie: Berichte des Bundesverbandes

13.12.2018

Berlin, 13. Dezember 2018: Fachausschuss Kulturerbe – Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten

Für einen ersten Austausch zu diesem aktuell viel diskutierten Thema traf sich der Fachausschuss Kulturerbe des Deutschen Kulturrates. Ziel ist eine Positionierung zum Umgang mit Kulturgütern aus kolonialen Kontexten. Deutlich wurde, dass es zwar auch, aber nicht nur um Restitution gehen muss. Von großer Bedeutung sind die Herstellung von Transparenz durch Inventarisierung, Digitalisierung und Provenienzforschung sowie ein sensibler Dialog mit den Herkunftsgesellschaften.


Die französische Regierung hatte im März dieses Jahres einen Bericht in Auftrag gegeben, der unter anderem schlussfolgert, dass zehntausende Werke kolonialer Provenienz in afrikanische Herkunftsländer zurückgegeben werden sollten. Der französische Präsident Emmanuel Macron entschied daraufhin, dass in einem ersten Schritt 26 Werke, welche unzweifelhaft aus kriegerischen Kontexten stammen, an den westafrikanischen Staat Benin zurückzuführen sind, was dieser schon lange gefordert hatte. Diese Ereignisse lösten in Deutschland – unter anderem mit Blick auf die Konzeption für das Humboldt Forum – und anderen Ländern eine breite Debatte darüber aus, wie mit Sammlungsgut aus kolonialen Zeiten umzugehen ist. Der Deutsche Museumsbund hat einen Leitfaden erarbeitet, der als Grundlage zur Orientierung in die Stellungnahme des Kulturrates einfließen wird (www.museumsbund.de/publikationen/leitfaden-zum-umgang-mit-sammlungsgut-aus-kolonialen-kontexten/). Er wird vom Deutschen Museumsbund weiterentwickelt werden, u. a. durch eine aktive internationale Debatte im nächsten Jahr. Der Kulturrat erkennt bei allen betroffenen Institutionen den Willen, das koloniale Erbe aufzuarbeiten. Es wurde jedoch deutlich, dass eine weitere Sensibilisierung für das Thema erforderlich ist. Begrifflichkeiten müssen geklärt, Objekte benannt und ihre ursprüngliche Verwendung muss identifiziert werden. So ist zum Beispiel mit Kultgegenständen anders umzugehen, als mit Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Aufgrund des Themenumfangs und der Menge der (häufig noch nicht inventarisierten) betroffenen Objekte, wird eine Priorisierung im Vorgehen als notwendig erachtet. Es ist wichtig, in den westlichen Gesellschaften ein breites Bewusstsein für das Thema der Rückgabe von Kulturgütern zu schaffen und den Dialog mit den Herkunftsländern zu führen. Jedoch ist das Thema komplexer, als es auf den ersten Blick erscheint. So wurde klar, dass es in viele unterschiedliche Bereiche hineinwirkt. Koloniale Kontexte sind so zum Beispiel auch in der Literatur, in der Bildenden Kunst oder im Film zu finden. Ein wichtiger Verständigungsprozess hat begonnen. Aufgrund der Vielfalt der in ihm versammelten Vertreter*innen sieht sich der Kulturrat als kompetenter Berater dieses Prozesses. Eine erste Stellungnahme soll bis Anfang März erarbeitet werden. Doris Granz