08.11.2010 / Kategorie: Pressemitteilung

Kunst im Flughafen


Stellungnahme des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK) zur Antwort der Bundesregierung (17/3321) auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE (17/3097).Zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zur geplanten Kunst am Bau beim Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) gibt der Vorsitzende des BBK, Werner Schaub, folgende Erklärung ab:Die Antworten der Bundesregierung auf die einzelnen Fragen dezidiert zu kommentieren macht wenig Sinn. Denn wichtiger ist es, den gesamten Zusammenhang zu sehen und die Bedingungen der Genese zu klären, die zur jetzigen Situation geführt haben. Hier sind vor allem zwei Aspekte zu erläutern:1.                  Der Flughafen BBI wird von einer GmbH, der Flughafengesellschaft Berlin-Schönefeld (FBS), realisiert. Zwar haben die Gesellschafter dieser GmbH, die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund, jeweils eigene Richtlinien zu Kunst am Bau, rein formal ist aber die FBS als selbständige Einrichtung nicht an diese Richtlinien gebunden, zumal diese von einander differieren. Festzustellen ist, dass die FBS zunächst wohl gar keine Kunst für den Flughafen vorgesehen hatte.Es ist dem Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) zu danken, dass es nach entsprechenden Einlassungen unseres Verbandes initiativ wurde und in der FBS erreichen konnte, dass für die Kunst am und im Flughafen überhaupt ein Etat vorgesehen wurde. Die vorgesehene Summe ist mit 2 Millionen für die gesamte Umsetzung - also nicht für nur für die Kunst selbst - gemessen an der Bausumme, gemessen aber auch an der herausragenden Bedeutung des Bauobjektes, relativ niedrig. Der Bund hatte 3 Millionen vorgeschlagen, diesem Vorschlag wollten die übrigen Gesellschafter aber nicht folgen. Wie bereits angedeutet, ist die GmbH als Bauherr rein formal weder an die RPW 2008 noch an den Leitfaden Kunst am Bau des Bundes gebunden. Allerdings stellt sich die Frage, weshalb die Länder Berlin und Brandenburg als Gesellschafter dem Vorschlag des Bundes nicht gefolgt sind.2.                  Der Bund (hier das BMVBS) hatte der FBS das Angebot unterbreitet, die Ausschreibungen für die Kunst am Bau Wettbewerbe und deren Betreuung zu übernehmen. Mit dieser Aufgabe wäre das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) beauftragt worden, das in der Vergangenheit seine große Kompetenz bei entsprechenden Wettbewerbsverfahren unter Beweis gestellt hat. Weshalb die FBS diese Möglichkeit nicht nutzen wollte ist nicht nachvollziehbar. Stattdessen wurde die Position eines Kurators ausgeschrieben und die REALICE GmbH mit dieser Aufgabe betraut, die ein Konzept mit sieben offenen und eingeschränkten Einladungswettbewerben für verschiedene Standorte entwickelt hat. Ohne die Kompetenz des Kurators in irgendeiner Weise anzuzweifeln ist festzuhalten, dass zumindest der Bund bisher die Praxis geübt hat, dass keine im Kunsthandel tätige Einrichtung mit einer solchen Aufgabe betraut wurde, um mögliche Interessenverknüpfungen von vorneherein ausschließen zu können und jeden Verdacht gar nicht erst entstehen zu lassen. Zwar ist festzustellen, dass REALICE GmbH unter den gegebenen Umständen gute Arbeit geleistet hat bei einem relativ gesehen sehr niedrigen Honorar. Dennoch ist der BBK der Auffassung, dass die Umsetzung durch das BBR eine angemessene Lösung gewesen wäre.Unter Berücksichtigung dieser oben ausgeführten Aspekte wäre es nahe liegend, in den Parlamenten von Berlin und Brandenburg diesbezügliche Anfragen einzubringen.Im Übrigen trifft es nicht zu, dass, wie in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage festgestellt, der Sachverstand der entsprechenden Künstlerverbände genutzt wurde. Angesiedelt beim BMVBS gibt es den Sachverständigenrat Kunst am Bau, in dem neben renommierten Fachleuten aus der Kulturszene und Architekten auch Vertreter des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler und des Deutschen Künstlerbundes seit vielen Jahren konstruktiv mitarbeiten. Dieses Gremium wurde über die geplanten Verfahren beim BBI zwar marginal informiert, einbezogen wurde es aber zu keiner Zeit und weder zu Überlegungen zur Form der Wettbewerbe und Ausschreibungen noch zur Besetzung der Jurys oder zu denkbaren Standorten für die Kunst in irgendeiner Weise gehört.Aus der Antwort der Bundesregierung geht nicht hervor, dass für alle sieben Wettbewerbe nur eine einzige Jury berufen wurde. Deutlich wird dagegen, dass auch für die Benennung der personellen Vorschläge nur ein einziges Gremium eingesetzt wurde. Einerseits entspricht beides nicht der üblichen Praxis. Denn vor allem bei den Einladungswettbewerben ist es sinnvoll, dass möglichst verschiedene Meinungen und Sichtweisen eingebracht werden können, damit nicht nur die allseits bekannten und immer wieder eingeladenen Künstlerinnen und Künstler zum Zuge kommen. Ein breiteres Spektrum erhöht immer auch die Wahrscheinlichkeit akzeptabler Ergebnisse. Insofern überrascht es nicht, dass sich die Jury auch nicht bei allen Einladungswettbewerben auf eine Empfehlung einigen konnte.Andererseits wurden mit der Beschränkung auf nur zwei Gremien Finanzmittel eingespart, die für deren Honorierung üblicherweise anfallen, und damit stehen für die Realisierung der Kunst etwas mehr Mittel zur Verfügung. Eingespart wurden Gelder auch dadurch, dass bei den Einladungswettbewerben relativ wenige Künstlerinnen und Künstler vorgesehen wurden, von denen wohl auch einige dann letztlich keinen Wettbewerbsbeitrag geliefert haben. Die Tatsache aber, dass die Jury bei vier von sieben Wettbewerben keine Empfehlung geben konnte, zeigt, dass die Einschränkung auf so wenige Künstlerpersönlichkeiten bei den Einladungswettbewerben auch unter finanziellem Aspekt nicht sinnvoll war, da nun vier Wettbewerbe neu ausgeschrieben werden sollen. Dass die Jury bei einem Wettbewerb zu keinem Ergebnis kommt, ist nicht ungewöhnlich, weder bei offenen noch bei „eingeladenen“ Wettbewerben.Es ist zu begrüßen, dass die Jury dem Auslober, der FBS, vorgeschlagen hat, diese vier ergebnislosen Wettbewerbe neu auszuschreiben. Nach unseren Informationen beabsichtigt die FBS allerdings, lediglich für drei der ursprünglich vier vorgesehenen Standorte eine zweite Wettbewerbsrunde auszuschreiben: Der Wartebereich als Standort soll entfallen, dafür soll für die Plaza das Finanzvolumen aufgestockt werden. Offensichtlich ist der Bund, soweit uns bekannt, gegen diese Einschränkung. Nun sind die Länder Berlin und Brandenburg gefragt, ihren Einfluss in der FBS geltend zu machen, um die Position des Bundes zu unterstützen.Der Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler fordert die FBS auf,      -          der Empfehlung der Jury zu folgen und vier Wettbewerbe neu auszuschreiben.-     zwei dieser Wettbewerbe als offen zweistufige Wettbewerbe auszuschreiben.-          bei den Einladungswettbewerben mindestens jeweils 12 Einladungen vorzusehen.-          für diese Auswahl ein neues Gremium zu berufen, ebenso die Jury neu zu besetzen. -          das ursprünglich vorgesehene Budget von 2 Millionen zu erhöhen, um sicherzustellen, dass die zusätzlichen Kosten für die erneute Ausschreibung nicht zu Lasten der Kunst geschieht.Der geplante Flughafen BBI gilt nicht nur für Berlin, Brandenburg und weit darüber hinaus als Tor zur Welt, er wird ebenso der Ort sein, an dem Gäste aus der ganzen Welt ankommen und ihren ersten Eindruck von Deutschland als Kulturnation bekommen werden. Die Kunst im und am Flughafen muss geeignet sein, diese Wahrnehmung positiv zu beeinflussen. Da die Kunst auch nachhaltig diese Wirkung haben soll, macht es wenig Sinn, die Ausgaben hierfür zu marginalisieren. Der Bund, Berlin und Brandenburg sind aufgefordert, sich dafür einzusetzen, den kulturellen Stellenwert unseres Landes im Flughafen BBI visuell erfahrbar zu machen.Werner SchaubVorsitzender und Sprecher des BUNDESVERBANDES BILDENDERKÜNSTLERINNEN UND KÜNSTLER